Deutschland ist ein Land der Regeln und Gesetze. Auch bei der Zusammenarbeit mit Freelancern gibt es viele gesetzliche Regularien, die Freelancer und insbesondere beauftragende Unternehmen beachten sollten. Ein besonders relevanter und häufig diskutierter Aspekt ist die Vermeidung sogenannter Scheinselbstständigkeit. Aufgrund der unübersichtlichen Rechtslage ist es jedoch für viele Beteiligte nicht leicht zu erkennen, wann Scheinselbstständigkeit vorliegt und wie dahingehende Risiken minimiert werden können.
Auch die Politik hat erkannt, dass die aktuelle Rechtslage für die Anforderungen der modernen Arbeitswelt und den Wirtschaftsstandort Deutschland problematisch ist. In den letzten Jahren gab es mehrfach Vorstöße in der Politik, Unternehmen und Selbstständigen durch eine Vereinfachung der Rechtslage mehr Klarheit und Rechtssicherheit zu verschaffen. Aktuell wird erneut eine Reform diskutiert, die jedoch weiterhin nicht konkret in Sichtweite ist.
Im Folgenden erläutern wir, worauf Unternehmen bei der Zusammenarbeit mit IT-Freelancern in der aktuellen Gesetzeslage achten sollten, um erfolgreich mit IT-Freelancern arbeiten zu können und dabei das Risiko einer möglichen Scheinselbstständigkeit zu minimieren.
Von Scheinselbstständigkeit wird gesprochen, wenn die Tätigkeit des Freelancers zwar von den Vertragspartnern als selbstständige Tätigkeit bezeichnet oder eingeordnet wird, für die Sozialversicherungs- und Finanzbehörden jedoch eine abhängige Beschäftigung, d.h. ein Arbeitsverhältnis darstellt. Ob dies den Vertragspartnern bewusst ist oder nicht, spielt dabei kaum eine Rolle. Ein Beweggrund hierfür ist, dass sich Arbeitgeber nicht durch eine andere vertragliche Bezeichnung wie „freier Mitarbeiter“ oder „Selbstständiger“ ihren steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen für Personen entziehen sollen, deren Tätigkeitsbild sich tatsächlich nicht von dem eines Arbeitnehmers unterscheidet. Die Folgen der Scheinselbstständigkeit dienen also nicht zuletzt dem Schutz des Arbeitnehmers, der nicht um seinen sozialversicherungsrechtlichen Schutz gebracht und vor Steuerfallen bewahrt werden soll. Diese Beweggründe sind zwar kaum übertragbar auf die in der heutigen Arbeitsrealität häufige Situation, dass sich hochqualifizierte Fachkräfte ganz bewusst für die Selbstständigkeit entscheiden und deren Schutzwürdigkeit angesichts hoher Verdienstmöglichkeiten und Nachfrage ein ganz anderes ist. Dennoch werden insoweit wirtschaftlich unterschiedlich gelagerte Fälle rechtlich weitgehend gleich behandelt.
Auf Auftraggeberseite bestehen bei Einordnung einer vermeintlich selbstständigen Tätigkeit als scheinselbstständige und damit abhängige Tätigkeit verschiedene arbeits- und steuerrechtliche Risiken. Insbesondere kann (auch rückwirkend) die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern für den Beschäftigungszeitraum verlangt werden.
Gerichte und Behörden nehmen grundsätzlich eine Scheinselbstständigkeit an, wenn bei der Durchführung der Tätigkeit eine Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers stattfindet und der vermeintlich Selbstständige wie ein Arbeitnehmer des Betriebs tätig wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Freelancer keine freie Wahl hinsichtlich Ort, Zeit sowie Art und Weise der Durchführung der jeweiligen Tätigkeit hat, sondern an Weisungen des Auftraggebers gebunden ist.
Unsere Erfahrungen in der Tech-Branche haben uns gezeigt, dass hier bestimmte Risikofaktoren der Scheinselbstständigkeit häufiger auftreten und daher insbesondere beim Einsatz von IT-Freelancern zu beachten sind. Wir haben nachstehend einige aus unserer Sicht besonders wichtige Kriterien zusammengefasst, die es vereinfachen, den Einsatz von IT-Freelancern in der Projektarbeit erfolgreich umzusetzen und dabei das rechtliche Risiko der Scheinselbstständigkeit zu minimieren:
Ein erhöhtes Risiko der Scheinselbstständigkeit besteht wegen der Gefahr der Eingliederung in den Betrieb, wenn Freelancer ihre Dienste vor Ort beim Auftraggeber erbringen. Falls möglich empfiehlt sich daher ein Remote-Einsatz der Freelancer. Gerade im Tech-Bereich ist dies häufig eine praktikable Lösung, ohne dass sich daraus für die Beteiligten große Nachteile ergeben. Auch ein Einsatz vor Ort ist allerdings ebenfalls unbedenklich, wenn es hierfür nachvollziehbare Gründe gibt, insbesondere Vertraulichkeit, IT-Sicherheit, sowie ggf. sonstige projektspezifische Besonderheiten.
Freelancer sollten soweit möglich ihre eigenen Rechner und Software verwenden. Auch hier gilt jedoch, dass der Einsatz von Geräten und Software des Auftraggebers durch den Freelancer gerechtfertigt ist, wenn betriebliche oder projektspezifische Gründe dies erforderlich machen.
Es sollte in jedem Fall darauf geachtet werden, dass Freelancer weisungsunabhängig sind. Zu vermeiden sind etwa vorgeschriebene Teilnahme an Meetings, bestimmte vorgegebene Arbeitszeiten, Vorgaben zur Verfügbarkeit des Freelancers oder Art und Weise des Time Trackings. Zu derartigen Punkten dürfen Freelancern seitens des Auftraggebers zwar Empfehlungen gemacht bzw. Wünsche geäußert werden, die Entscheidung bleibt jedoch dem Freelancer überlassen.
Das Gesetz sieht schließlich eine Möglichkeit vor, die Tätigkeit eines Freelancers vorab über ein sogenannte Statusfeststellungsverfahren verbindlich beurteilen zu lassen. Je nach den Umständen im Einzelfall kann dies ein gangbarer Weg sein, den Beteiligten Rechtssicherheit verschaffen.
Der vorstehende Überblick kann nur eine grobe Übersicht bieten und eine rechtliche Beratung im Einzelfall selbstverständlich nicht ersetzen. Wir helfen jedoch gerne, wenn Sie den Einsatz von IT-Freelancern für Ihr Projekt erwägen und dabei rechtliche Risiken reduzieren wollen. Wir haben jahrelange Erfahrung mit der Zusammenarbeit und der Vermittlung von hochqualifizierten IT-Freelancern sowie der rechtlichen Prüfung einer Vielfalt von individuellen Projektsituationen.
Gerne besprechen wir sämtliche Fragen mit Ihnen, die für den Einsatz von IT-Freelancern für Ihr Projekt von Belang sind.